Der korrekte leichte Sitz und der Springsitz Teil 1

Leichter Sitz, Springsitz, Entlastungssitz, Rennsitz, Geländesitz … diese Begriffe kennt fast Jeder und viele denken wahrscheinlich: “Das ist doch alles eins.” Das aber wiederum stimmt nicht ganz! Es gibt feine und entscheidende Unterschiede zwischen den Sitzformen. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: sie wirken entlastend für den Pferderücken.
Der leichte Sitz,  auch Entlastungssitz genannt, hat ein großes Anwendungsgebiet mit verschiedenen Ausprägungen, je nach Aufgabenstellung. Der Spring-, Gelände- und Rennsitz sind die besonderen Sitzformen die sich aus dem leichten Sitz ergeben, wobei der Rennsitz die speziellste Ausprägung hat und extra behandelt werden muss. Wir wollen euch heute schwerpunktmäßig den Leichten Sitz erläutern und nächste Woche auf die Besonderheiten des Sitzes beim Springen eingehen.

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Im leichten Sitz kann sich der Reiter besser den sich verändernden Bewegungen des Pferdes anpassen, wie z.B. beim Reiten im Gelände oder über Sprünge. Da er sein Gewicht aus dem Sattel nimmt, kann der Pferderücken freier schwingen und sich besser aufwölben. Somit ist der leichte Sitz vorallem in der Lösungsphase, insbesondere mit jungen Pferden von Vorteil, aber auch bei der Sitz- und Gleichgewichtsschulung des Reiters und natürlich beim Spring- und Geländereiten.

Die Bügel werden im leichten Sitz für ca. 3 bis 6 Löcher (gegenüber dem Dressursitz) verkürzt, je nach Zweck und der gewünschten Ausprägung des leichten Sitzes. Durch die verkürzten Bügel kommt es zu einer stärkeren Anwinkelung im Hüft-, Knie- und Fußgelenk, wodurch mehr Druck in die Steigbügel gegeben wird und sich das Gewicht des Reiters auf die gesamte Sattellage verteilt. Während im Dressursitz die Bewegungen über das Gesäß, Becken und Mittelpositur abgefedert und abgefangen werden, geschieht das im leichten Sitz über die Hüft-, Knie- und Fußgelenke indem sich die Winkel dieser Gelenke schließen und öffnen. Somit kann der Reiter durch seine Gewichtsverlagerung das Gehen des Pferdes beeinflussen. Die locker nach unten in den Bügel federnden Absätze verleihen dem leichten Sitz Stabilität und Elastizität zugleich. Ebenso lockere Knie … denn die Hüften können nicht beweglich sein wenn die Knie fest sind. Sind die Hüften fest verliert man viel schneller das Gleichgewicht.

Das Gesäß bleibt immer in der Nähe des Sattels, auch in höherem Tempo und beim Springen (im Idealfall!). Durch das Federn in den Knie-, Fuß- und Hüftgelenken kann sich der Reiter elastisch in die Bewegung des Pferdes einfühlen und sich von dieser mitnehmen lassen. Wichtig ist dabei den Bügel unter der breitesten Stelle der Füße, dem Fußballen (wo sich der Balance-Punkt befindet), aufzunehmen und den Absatz locker nach unten sinken zu lassen. Drückt man den Absatz sehr stark nach unten und nimmt den Bügel an den Zehenspitzen auf, versteift sich das Fußgelenk und der Reiter kann nicht mehr locker federn, was den ganzen Sitz steif macht und somit das Pferd negativ beeinflusst. Der Reitersitz ist wie ein Stehsitz, so als ob man auf dem Boden stehen und leicht in die Knie würde. Egal ob mit längeren oder kürzeren Bügeln, die Füße bleiben immer unter dem Becken damit man im Gleichgewicht bleibt.

Das je nach Ausprägung nach hinten verschobene Gesäß sorgt dafür, dass der Schwerpunkt des Reiters über den Steigbügeln ist und der Reiter im Gleichgewicht bleibt. Der Oberkörper befindet sich dabei je nach Situation mehr oder weniger stark vor der Senkrechten und kann aus der Hüfte heraus mit geringer Vorneigung bis hin zur annähernden Parallelität mit dem Pferdehals vorgehen. Ein auf den Pferdehals “schmeißen” sollte man jedoch vermeiden, es bringt Reiter und Pferd aus dem Gleichgewicht. Der Rücken soll lang und gerade sein, dabei jedoch geschmeidig und elastisch bleiben.
Aufgrund der veränderten Körperhaltung wird das Zügelmaß im leichten Sitz verkürzt. Die  Hände stehen aufrecht links und rechts vor dem Widerrist und halten eine gefühlvolle Verbindung zum Pferdemaul. Aus dem lockeren Schulter- und Ellenbogengelenk können sie elastisch der Bewegung des Pferdekopfes folgen.

Die Kopf- und Halshaltung hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Balance des Reiters. Der menschliche Kopf wiegt 5 bis 7 Kg. Deswegen hat die Balance des Kopfes einen so großen Einfluss auf das gesamte Gleichgewicht. Das Pferd spürt und reagiert bereits auf ziemlich kleine Bewegungen des Kopfes, besonders wenn man nach unten oder zur Seite schaut. Die Augen kontrollieren die Haltung und die Richtung des Kopfes. Halten also den Blick stets geradeaus bzw. in die zu reitende Wendung hinein. Der Hals soll dabei lang und locker und das Occipitalgelenk frei sein.

Das tief plazierte Knie, der ruhig am Gurt liegende Unterschenkel und der sichere Bügeltritt mit elastischem Fußgelenk bilden das Fundament für das Reiten im leichten Sitz und beim Springen!

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Bild: Das Skelett im leichten Sitz, bzw. im Springsitz.

Hier eine kurze Checkliste zum leichten Sitz & Springsitz:
Der Sitz: Dabei ist der Oberkörper im Einklang mit dem Pferd mehr oder weniger nach vorne geneigt.
Der Schwerpunkt ist tief unten im Körper. Er befindet sich vor dem Kreuzbein und balanciert dicht am Sattel.
Die Beine liegen am Rumpf des Pferdes an. Die Winkelung der Hüften, Knie und Fußgelenke sollte gleich sein. Der Balancepunkt unter den Füßen (direkt hinter dem Fußballen) sollte direkt unter dem Schwerpunkt (Körpermitte) sein.
Die Oberschenkel
rollen einwärts und liegen mit der Innenseite flach am Sattel an. Sie sollten nicht klemmen, sondern leichten Kontakt haben.
Die Knie:
Die Innenseite der Knie haben Kontakt mit dem Sattel, ohne zu klammern. Sie agieren als Sprungfedern und Stoßdämpfer.
Die Unterschenkel
sind hinten etwas durchgestreckt. Dabei liegen die Innenseiten der Waden am Rumpf des Pferdes an.
Die Fußgelenke
sind geschmeidig und sinken durch das Reitergewicht nach unten. Sie sind weder blockiert noch verdreht.
Die Füße:
Die Steigbügel ruhen unter dem natürlichen Balance-Punkt. Die Fersen sind nicht nach unten gerammt, sondern sinken durch das Reitergewicht nach unten und nach hinten. Das Gewicht sollte auf dem ganzen Steigbügel verteilt ruhen. Die Füße sind weder nach innen noch nach außen verdreht. Die Zehen und die Füße liegen in dem selben Winkel wie die Knie und die Oberschenkelknochen.
Der Rücken
ist lang, flach, etwas gestreckt, nicht gerundet oder stark durchgedrückt.
Die Schultern:
Die Schulterblätter gleiten über den hinteren Brustkorb nach unten. Die Schultern sind dabei weit und nicht hinten zusammengeschweißt.
Die Brust und die Schlüsselbeine:
Die Brust ist offen. Es wird in einen gestreckten Körper geatmet. Der obere Brustkorb sollte nicht hohl eingefallen sein, sondern breit und gelöst.
Der Hals
ist eine Verlängerung der Wirbelsäule soll er lang und locker sein. Am Atlanto-Occipitalgelenk (Verbindung zwischen Schädel und Wirbelsäule) muss er beweglich sein und nicht “gestaucht”.
Der Kopf
ist frei ausbalanciert. Mit sanft, umfassend blickenden Augen voraus auf den Fokus-Punkt schauen (Panoramablick). Der Kiefer sollte entspannt sein.
Die Oberarme
hängen natürlich von den Schultergelenken herab. Sie können frei nach vorne schwingen, um den Kopf- und Halsbewegungen des Pferdes zu folgen.
Die Ellbogen
machen den Anschein, als hingen sie schwer herunter. Sie sind natürlich angewinkelt und haben zum Gebiss hin eine stoßdämpfende Wirkung.
Die Unterarme
gehen in gerader Linie vom Ellbogen über das Handgelenk zum Gebiss.
Die Hände:
Die Zügel liegen in den weichen Fäusten, die Finger sind geschlossen. Sie sind Teil der geraden Linie des Unterarms vom Ellbogen über das Handgelenk zum Gebiss.
Der ganze Sitz:
Der Reiter befindet sich im Gleichgewicht. Er hat das Gewicht gleichmäßig auf beiden Sitzbeinhöckern oder beiden Steigbügeln verteilt, je nachdem, welchen Sitz er einnimmt. Eine senkrechte Balance-Linie führt von der Körpermitte in die Füße. Der Kopf und die Schultern befinden sich vor dieser Linie und sind mit dem Gesäß, das sich dahinter befindet, im Gleichgewicht.

Beachtet bitte das der leichte Sitz, genauso wie der Dressursitz, intensiv geschult werden muss. Denn das Reiten im leichten Sitz erfordert ein großes Maß an Gleichgewicht und Körpergefühl vom Reiter. Daher hat das Trainieren dieser Sitzform eine besonders positive Wirkung bei der allgemeine Sitzschulung des Reitschülers. Denn dieser kann erst unabhängig und unterstützend auf sein Pferd einwirken, wenn er seine Balance im Sattel gefunden hat.
Ebenso kann es in der lösenden Arbeit eines Dressurpferdes sinnvoll und entspannend sein, im leichten Sitz zu reiten, bzw. zwischen dem Dressursitz und dem leichten Sitz zu wechseln. Auch hier haben wir einen Artikel über den korrekten Dressursitz für Euch.

In unserem nächsten Teil 2. “Der korrekte leichte Sitz und der Springsitz” möchten wir dann speziell auf den Springsitz … vor, über, nach und zwischen den Sprüngen … eingehen.
Neugierig? … dann schaut doch nächste Woche einfach wieder rein.
Das Horseland-Team freut sich auf euch.

 

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2 comments

  1. Conni sagt:

    Hallo. Was einem sofort ins Auge faellt, das das Bild :leichter Sitz, komplett falsch ist. Man bekommt den Eindruck, der Reiter faellt vornueber.
    Dem ist im Prinzip auch so. Der Reiter auf dem Bild ist gezwungen, die Knie zuzuklemmen, um so seinen zu weit vorn befindlichen Schwerpunkt vorm vorn ueber fallen zu bewahren.
    Ich finde auf dieser Seite sehr oft unausgegorene Weisheiten, die leider den Trend heutzutage, sich schoen zu reden, was man tut, unterstuetzt.
    Nein, leichter Sitz geht nicht und der Reiter haengt extrem auf der Vorhand, sitzt unsicher und steif.

    1. Marika Moga sagt:

      Hallo Conni, vielen Dank für deine ehrliche Kritik. Allerdings können wir es nicht wirklich nachvollziehen und sind nicht der Meinung dass der Reiter vornüber fällt. Genauso die Aussage über “unausgegorrene Weisheiten”. Hier hat Silvana Wessig, eine ausgebildete Pferdewirtin und erfolgreiche Trainerin und Springreiterin ihr Fachwissen. Sie selber achtet sehr auf den korreken Sitz und ist nicht auf irgendwelche Trends aus. Tut mir Leid dass wir deine Meinung nicht teilen… Sorry

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