Warum Cavaletti-Arbeit?

Cavaletti-Arbeit ist viel mehr als nur gymnastizierendes Basistraining für Pferd und Reiter. Jedes Pferd, egal  in welcher Disziplin es geritten wird, profitiert von dieser Art des Trainings auf vielfache Weise. 
Wir schauen uns in diesem Artikel an, wo der Ursprung der Cavaletti-Arbeit ist und was sie bei Pferd & Reiter bewirkt.

 

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Zuerst ein kleiner Blick in die Geschichte, wo kommt die Cavaletti-Arbeit überhaupt her?

Die Lehre von der natürlichen Ausbildungsmethode des italienischen Rittmeisters Federigo Caprilli (1868-1907), führte um die Jahrhundertwende zu einer Umwandlung des Springstils. Das Programm dieser natürlichen Ausbildungsmethode umfasste auch die Arbeit mit Cavalettis. Über diese Cavalettis ließ Caprilli die Pferde in verschiedenen Gangarten, mit und ohne Reiter, treten. Daraus entwickelte sich die Cavaletti-Arbeit, die an den italienischen Kavallerieschulen nach und nach zu einem festen Begriff wurde.

In Deutschland fanden die Lehren der italienischen Springschule nur langsam Eingang. Auf der Kavallerieschule in Hannover war es vor allem Oberst von Flotow, den die Arbeit mit Cavalettis besonders interessierte und der für die Aufnahme einiger ihrer Grundsätze in die deutsche Reitvorschrift eintrat.

Der damalige Kommandeur des Reiterregiments 15 in Paderborn, Graf Rothkirch (1888-1980), war zur reiterlichen Weiterbildung einige Zeit in Pinerolo und Tor di Quinto, den italienischen Kavallerischulen. Von den vielen Möglichkeiten der Cavaletti-Arbeit und der Bedeutung des “leichten Sitzes” überzeugt, führte Graf Rothkirch in Paderborn beide Grundsätze konsequent für die Ausbildung von Reiter und Pferd ein.

In den Reitbahnen der fünf Reiterschwadronen standen ständig je vier Cavalettis, die fast täglich für ca. 10 bis 15 Min. im Schritt und Trab zum Lösen, besonders zur Lockerung des Rückens bei den jungen Pferden, eingesetzt wurden. Jeweils acht bis zehn junge Pferde gingen mit ein bis zwei Pferdelängen Abstand im Schritt und Trab in Ruhe und mit Freude an der Arbeit über Cavalettis.

Diese bewährten Grundsätze der Cavaletti-Ausbildung und des “leichten Sitzes” wurden nach dem Krieg von dem ehemaligen Paderborner Reiter Paul Stecken (letzter Chef der aktiven 4. Reiterschwadron und Nachfolger von Baron von Nagel/Ittlingen) als langjähriger Leiter der Westfälischen Reit- und Fahrschule konsequent eingehalten.

Welche Erfolge können wir mit Cavaletti-Arbeit erzielen?

Der Reiter trägt die Verantwortung für die Gesundheit seines Pferdes. Nur ein gesundes Pferd, dessen Muskulatur und Kondition schonend und planmäßig aufgebaut wurden, kann auch auf Dauer Leistung erbringen. Die Ausbildung des Reitpferdes verfolgt das Ziel einer naturgemäßen Gymnastizierung, in der die Körperkräfte des Pferdes gestärkt und die Gelenke geschmeidig gemacht werden sollen.

Ein wesentlicher Teil fällt also in das Gebiet der Muskelschulung. Hierfür kann die Cavaletti-Arbeit wertvolle Unterstützung sein. Die Entwicklung der Muskulatur ist von Bewegungsreizen abhängig. Muskeln werden durch gezieltes Bewegen gestärkt.

Die Cavaletti-Arbeit ist deswegen zur Ausbildung der Muskulatur so hervorragend geeignet, weil sie die Pferde zu bestimmten, kontrollierten Bewegungsabläufen veranlasst. Das Pferd wird angeregt, höher als gewöhnlich abzufußen und dadurch auch fester und bestimmter wieder auf den Boden aufzusetzen. Alle vier Beine und die dazugehörigen Gelenke werden vermehrt beansprucht, ohne das die Fußfolge in den drei Grundgangarten geändert wird. Durch das dynamische An- und Abspannen der unterschiedlichen Muskelgruppen werden sämtliche für den Bewegungsvorgang wichtigen Muskeln des Pferdes gekräftigt.

 

Aber Vorsicht!
Muskeln wachsen durch Bewegung nur, wenn sie entsprechend ihrer Lage und ihrem Aufbau in ihrer natürlichen Funktion beansprucht werden.Sie verlieren an Umfang (atrophieren), wenn sie in falschen, krampfhafter Anspannung zu einer Arbeitsleistung herangezogen werden , die sie auf Dauer nicht vollbringen können. Die Folgen sind Schwellungen und Erschlaffung als Ergebnis von Ernährungsstörungen im Muskel. Der Aufbau neuer Muskelsubstanz hält mit dem physiologischen Abbau nicht Schritt, so dass der Muskel an Umfang abnehmen muss.

Nur systematische, langsam gesteigerte Cavaletti-Arbeit kann daher die Muskelbildung des Pferdes beschleunigen.
Sie ist aber auch geeignet, Muskeln zu lockern und Steifheiten zu beseitigen, beispielsweise bei verrittenen Pferden. Pferde, die mit tiefer Halseinstellung über Cavalettis geritten werden, wölben den Rücken auf und entspannen die dort befindlichen Muskeln. Der Bewegungsablauf kehrt zu seinem natürlichen Rhythmus zurück.

Die Arbeit mit Cavalettis eröffnet also die Möglichkeit, die Muskulatur des Pferdes zu lockern und zu kräftigen. Darüber hinaus kann sie für die Entwicklung des Herz-Kreislauf-Systems und zur Konditionsschulung von Nutzen sein.. Langsame und stetige Bewegungssteigerung erhöht die Belastungsfähigkeit des Kreislaufs und führt zum Gewinn von Ausdauer.

Außerdem erlangen Pferde, die regelmäßig über Cavalettis geritten werden, eine größere Trittsicherheit , weil sie ihre Schritte, Tritte und Sprünge nach den festliegenden Stangen richten müssen. Sie lernen zudem, ihren Schwerpunkt rasch und sicher zu verschieben. Da das Gleichgewicht durch das erhöhte Abfußen ständig wechselt, wird zugleich die Balance gefördert und das Pferd zum sicheren Gehen auch auf unebenen Gelände vorbereitet.
Das Abfußen in bestimmten Abständen erfordert Aufmerksamkeit und genaues taxieren.

Cavaletti-Arbeit gibt auch Gelegenheit,die Psyche des Pferdes kennen zulernen und auf sie einzuwirken. Die Art und Weise, mit der das Pferd eine ihm gestellte Aufgabe über Cavalettis meistert, ob es willig und ruhig bleibt oder heftig wird und sich widersetzt, lässt Rückschlüsse auf Temperament und Charakter zu.

Durch wechselnden Aufbau und unterschiedliche Abstände kann die Gelehrigkeit erprobt und weiter gefördert werden. Die Pferde werden aufgeweckter und lernen vor allem, bestimmte Aufgaben selbständig zu meistern. Cavaletti-Arbeit kann daher auch in gewissem Sinne Intelligenzschulung sein.

Im Rahmen der Dressurausbildung sind Cavalettis vor allem zur Förderung der Grundgangarten Schritt und Trab geeignet. Konstante Abstände zwischen den einzelnen Cavalettis dienen zur Verbesserung von Takt und Gleichmaß der Bewegungen. Schwung und Ausdruck werden schon allein durch das höhere Abfußen verbessert.

Vorzüge der Cavaletti-Arbeit für den Reiter

Nicht nur für das Pferd, auch für den Reiter sind die Vorzüge der Cavaletti-Arbeit keineswegs geringer einzuschätzen. Sie bietet für beide Seiten eine willkommene Abwechslung.

Reiten über Cavalettis macht großen Spaß und so ist es nicht selten, (vor allem bei jüngeren Reitern), dass alle Steifheit und Verkrampfung wie weggeblasen erscheint und man nach kurzer Zeit schon beobachten kann, dass der Reiter geschmeidig und losgelassen in die Bewegung des Pferdes eingehen.
Reiten über Cavalettis schult also das Gefühl für einen schwingenden Rücken, verbessert das Gleichgewicht des Reiters und führt zu einem stabileren Sitz.

Die Springreiter unter uns, schulen bei der Cavaletti-Arbeit im Galopp gleichzeitig ihren Blick für die richtige Distanz.

In unserem Blogartikel “Sinnvoll gestaltetes Training für ein gesundes & leistungsfähiges Pferd“, haben wir Beispiele aufgeführt, wie man das Pferd mit Cavalettis sinnvoll trainieren kann.

Habt ihr auch schon Erfahrungen mit Cavaletti-Arbeit gemacht?
Erzählt uns gern von euren Erlebnissen 😉

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