Reiten mit gebissloser Zäumung – eine zwanglose Alternative für alle Reitstile

Früher wurden Freizeit- und Westernreiter dafür belächelt und heute sieht man Profis aus dem internationalen Dressur- und Springsport immer öfter mit gebissloser Zäumung reiten.
Studien der letzten Jahre und eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass sich Pferde beim gebisslosen Reiten besser und entspannter reiten lassen, was sich wiederum auch positiv auf den Reiter selbst und zugleich auf den Umgang mit unserem Sport-und Freizeitpartner auswirkt.

Eine Auszeit vom Gebiss ist für jedes Pferd eine Wohltat und kommt auch dem Reiter zugute. Er muss sich ohne Gebiss im Maul mehr auf seine Schenkel- und Gewichtshilfen konzentrieren. Gebisslos reiten ist eine optimale Selbstkontrolle für jeden Reiter. Ohne Gebiss zeigt sich, ob man wirklich “Zügelunabhängig” reiten kann und wo Defizite bei Reiter und Pferd liegen.

Bei gebissloser Zäumung unterscheidet man jene, die ohne Hebelwirkung auf Gebiss und Nase wirken und jene, die mit durch Anzüge verstärkte Kraft auf Nase, Kinn und/oder Genick wirken, ähnlich wie eine Kandare. Es gibt viele verschiedene Arten von gebissloser Zäumung wie z.B. das Hackamore, Bitless Bridle, Sidepull, Star Bridle, Wagenrad usw.

Alle gebisslosen Zäumungen zu beschreiben würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Darum haben wir zwei Zäumungen für Euch heraus gesucht, die wir Euch näher beschreiben möchten. Zum einen die Hackamore und zum anderen das Bitless Bridle.

Das Hackamore

Die mechanische Hackamore ist eine gebisslose Zäumung mit Anzügen, welche neben der Westernreiterei auch gern von Springreitern benutzt wird. Sie besteht aus einem Nasenriemen, den Anzügen und einer Kinnkette. Bereits bei relativ leichtem Zügelanzug wird über die Hebel Druck, sowohl auf das Kinn, als auch auf das Nasenbein und das Genick ausgeübt. Physikalisch wirkt es ähnlich wie die Kandare, nur dass das Mundstück fehlt und daher der Druck auf die Nase erfolgt, anstatt auf Zunge und Laden. hackamore

Neben geraden Anzügen gibt es gebogene, die sich genauso wie die Anzüge einer Kandare verhalten. Bei geraden Anzügen kommt der Zügelzug direkter an, bei gebogenen etwas verzögerter. Kurze Anzüge haben eine geringere Hebelkraft und wirken milder, lange Anzüge haben starke Hebelwirkungen.
Die Nasenriemen und die Kinnketten gibt es in ganz unterschiedlichen Materialien. Der Nasenriemen ist meistens weich abgepolstert. Da das Hackamore sich bei einseitigem Zügelanzug gegebenenfalls verkanten kann und keinerlei richtungsweisende Signalgebung erlaubt, ist Stellung nur bedingt möglich.

Am weichsten wirkt die englische Hackamore (siehe Abbildung oben), bei der an seitlichen Metallkreuzen mit kurzen gebogenen Anzügen Nasen-, Backen-, Kinnriemen- und Zügel befestigt sind.

Aber Achtung; das Hackamore gehört nur in erfahrene Hände!!!
Es ist leider schon oft vorgekommen, dass bei zu viel Zug am Zügel, Pferden das Nasenbein gebrochen wurde!

Das Bitles bridle

Das Bitless Bridle hat keine Hebelwirkung und wird ähnlich wie ein Halfter aufgesetzt.
Diese gebisslose Zäumung verteilt den Druck sanft und gleichmäßig über den Nasenrücken, die Ganaschen und das Genick. Das Reithalfter hat einen Nasenriemen an dem die Verbindungsstücke für das Genickstück angebracht sind. Diese Verbindungsstücke werden an das Genickstück geschnallt, wo sich normalerweise die Backenstücke befinden.

Die zwei zusätzlichen Lederstücke, an einer Seite mit einem Ring und an der anderen Seite mit einer Schnalle versehen, sind die Verlängerung des Zügels.

Die Seite mit der Schnalle wird z. B. von vorn nach hinten durch den rechten Ring am Nasenriemen gezogen, unter dem Kinn hindurch geführt auf die linke Seite und dort an das Genickstück geschnallt, wo sonst der Kehlriemen angebracht ist. Der Zügel wird dann an dem Ring dieses Lederstückes auf der rechten Seite befestigt. Die andere Seite funktioniert genauso, nur Spiegelverkehrt.

Bitless-Bridle
Durch die überkreuzte Zügelführung sind die Reiterhilfen einfach für das Pferd zu verstehen und verbessert das “an die Hilfen stellen” ohne Verkanten oder Verwerfen im Genick.
Die Kehlriemen, an denen die Zügel befestigt sind, laufen unterm Kinn über Kreuz. Dadurch wirkt der äußere Zügel auf die Innenseite statt wie sonst auf den äußeren Gebissring.

Der Nasenriemen sollte 2 fingerbreit über der Maulfalte sein und nicht auf dem empfindlichem Nasenknorpel liegen und so geschnallt sein, dass zwischen Nasenriemen und Nasenrücken 2 Finger Platz haben.

Der Vorteil des Bitles Bridle ist, dass Sie Ihr Pferd in Stellung und Biegung reiten können. Das Pferd weicht dem Druck, der auf die Ganaschen ausgeübt wird und das ist sein natürliches Verhalten. Das gleiche gilt für das Genick. Bei weiterem Zügelzug wird ein sanfter Druck auf das Genick ausgeübt und das Pferd sollte daraufhin den Kopf senken. Natürlich gibt es Pferde, die auf Druck, mit Gegendruck reagieren. Zum einem bedeutet es, dass das Pferd nicht körperlich nachgeben will, aber auch dass es mental nicht nachgeben möchte.

Daher empfehlen wir immer vorher das vom Boden aus zu üben (bevor man es im Sattel ausprobiert).

Stellt euch nebeneuer Pferd, zieht ganz vorsichtig und leicht an den Zügeln, bis das Pferd den Kopf senkt. Wenn euer Pferd reagiert belohnt es sofort. So hat das Pferd die Chance zu lernen, was du von ihm willst.

Auch wenn du Angst oder Befürchtungen haben solltest dass es bei deinem Pferd nicht funktioniert, trau DICH… Probiert mal das gebisslose Reiten aus und du wirst sehen dass dein Pferd erstaunlich gut damit zurecht kommt. Fast jedem Pferd tut mal der “Urlaub” vom Gebiss gut… Spätestens dann wenn mal eine Zahnbehandlung oder auch mal Zahn-Op ansteht und dein Pferd paar Tage gebisslos geritten werden muss wirst du froh und dankbar sein wenn du es ohne Gebiss reiten kannst und weißt dass es funktioniert da due es vorher ausprobiert hast. Das war damals bei meinem 4jährigen Chirrino auch so. Er hat sich einen zahn angehauen und musste in der Tat in der Klinik operiert werden, das Ganze war ziemlich kompliziert und er durfte 3 Monate danach nicht mit Gebiss geritten werden. So kam ich in den Genuss des Bitles Bridle. Ich habe es wie oben beschrieben in meine Trense geschnallt und wir konnten ganz normal reiten. Sogar in der Dressurstunde und auch ins Gelände gehen. Chirrino lief anfangs (nach einer kurze Phase des Kennenlernens der neuen Hilfen) ganz normal & zufrieden mit der gebisslosen Zäumung. Nach einiger Zeit, ca 2,5 Monaten machte er sich immer schwerer am Kopf, legte sich auf die Zügel. Dann wurde es so langsam Zeit wieder auf die Zäunung mit Gebiss umzusteigen. Mittlerweile machen wir das ab und an immer wieder Mal, dass wir beim Reiten dem Maul mal “Urlaub” vom Gebiss gönnen.

Für alle die sich für englische Trensen und ihre Unterschiede interessieren empfehlen wir den Blogartikel “Gibt es einen Unterschied bei Trensen? Eindeutig JAA!”

…Wer von euch hat schon mal eine gebisslose Zäumung ausprobiert? Wie waren die Erfahrungen damit? Wie seid Ihr  darauf gekommen?
Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen oder auch Problemen damit…

Posts published: 76

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Copyrights © 2017 PFERDEWIESE. All Rights Reserved. Design: kathrinpyplatz.com